Iwan

Iwan
Russe

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Iwan 〈m. 6; abwertendRusse [nach dem im Russischen häufigen Vornamen]

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Iwan, der; -s, -s [nach dem russ. m. Vorn. Iwan = Johannes] (ugs. scherzh., oft abwertend):
Russe:
der I. (die Russen).

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I
Iwan
 
[persisch-arabisch] der, -s/-e, Liwan, orientalische Bauform: ein tonnengewölbter, an einer Schmalseite offener Langraum, der sich zu einem Hof oder einer größeren Halle öffnet, aber auch als Portaltor oder Umrahmung eines Eingangs dienen kann. Der Iwan trat zuerst in der parthischen Architektur (1. Jahrhundert v. Chr., Nisa, Hatra, Assur) auf und findet sich am Sassanidenpalast zu Ktesiphon (5. Jahrhundert n. Chr.). Die islamische Baukunst übernahm den Iwan in der frühen Abbasidenzeit (8. Jahrhundert, Schloss Al-Okheidir südwestlich von Kerbela, Irak). In Khorasan wurde als Wohnform das um einen Hof angeordnete Vier-Iwan-Haus tradiert. Die Seldschuken griffen den Typus im 11. Jahrhundert für die Medrese (Koranhochschule) auf, er wurde dann auch auf Karawansereien, Hospitäler sowie auf die Moschee übertragen.
II
Iwan
 
[russisch i'van], Ivan, russischer Herrscher:
 
 1) Iwan I. Danịlowitsch, genannt Kalitạ (»Geldbeutel«), Fürst von Moskau (seit 1325) und Großfürst von Wladimir (seit 1328), ✝ Moskau 31. 3. 1340, Vater von 2); gewann durch hohe Tributzahlungen die Unterstützung des Khans der Goldenen Horde und kämpfte erfolgreich gegen Twer um die Vorherrschaft in Nordostrussland. Iwan schuf wesentliche Voraussetzungen für den Aufstieg Moskaus. 1325 holte er den Metropoliten »von ganz Russland« Peter (✝ 1326) nach Moskau. Er begann mit dem »Sammeln der russischen Erde«, der Wiedervereinigung der früher zum Kiewer Reich gehörenden Fürstentümer um Moskau, und nannte sich erstmals in der Moskauer Dynastie »Großfürst der ganzen Rus«.
 
 2) Iwan II. Iwạnowitsch, genannt Krạsnyj (»der Schöne«), Fürst von Swenigorod und Rusa (1340-53) und Großfürst von Moskau und Wladimir (seit 1353), * 30. 3. 1326, ✝ 13. 11. 1359, zweiter Sohn von 1); setzte die Politik seines Vaters fort.
 
 3) Iwan III. Wassịljewitsch, genannt der Große, Großfürst von Moskau (seit 1462), * Moskau 22. 1. 1440, ✝ ebenda 27. 10. 1505; vollendete die politische Vereinigung der großrussischen Gebiete unter Moskauer Führung durch Unterwerfung von Jaroslawl (1463), Rostow (1474), Nowgorod (1478), Twer (1485) und Wjatka (1489) sowie durch die Gewinnung von entscheidendem Einfluss in Rjasan und Pskow. 1480 (wochenlanges Gegenüberstehen eines russischen und eines tatarischen Heeres an der Ugra ohne Schlacht) erreichte er die formelle Beendigung der 240 Jahre dauernden tatarischen Oberherrschaft und begann den Kampf um die Gebiete, die Litauen im Spätmittelalter gewonnen hatte (Grenzkriege 1487-94 und 1500-03). Seine Ansprüche betonte er durch den von ihm verwendeten Titel »Herrscher von ganz Russland« (offiziell seit 1494); er benutzte auch schon gelegentlich den Titel »Zar«. Iwan stärkte die Zentralverwaltung, regelte die Thronfolgeordnung und ließ 1497 ein Gesetzbuch (»sudebnik«) ausarbeiten. Er war in zweiter Ehe (seit 1472) mit der Nichte des letzten Kaisers von Byzanz, Zoë Paleolog (✝ 1503), verheiratet (in Russland Sophia genannt) und übernahm byzantinisches Zeremoniell. Durch die gezielte Anwerbung von Fachleuten leitete er die »Verwestlichung« Russlands ein (u. a. Ausbau des Moskauer Kremls durch italienische Architekten).
 
 
J. L. I. Fennell: Ivan the Great of Moscow (London 1961);
 G. Alef: The origins of Muskovite autocracy. The age of Ivan III. (Wiesbaden 1986).
 
 4) Iwan IV. Wassịljewitsch, genannt der Schreckliche, (russisch Grọsnyj, eigentlich »der Gestrenge«, der »Furcht Gebietende«), Großfürst (seit 1533) und Zar (seit 1547), * Kolomenskoje 25. 8. 1530, ✝ Moskau 18. 3. 1584; kam nach dem Tod seines Vaters, Wassilij III., mit drei Jahren auf den Thron; im Alter von sieben Jahren verlor er auch die Mutter. Der heranwachsende Iwan musste einen zehnjährigen blutigen Machtkampf rivalisierender Bojarengruppen miterleben. Diese Jugenderfahrungen haben Iwans charakterliche Formung mit beeinflusst: Misstrauisch bis zum Verfolgungswahn, neigte er zu brutalen Strafgerichten und erschlug seinen ältesten Sohn in einem Wutanfall (1581). Iwan war zugleich einer der gebildetsten Russen seiner Zeit. Vom Herrscheramt hatte er eine übersteigerte Auffassung. 1547 nahm er als erster Moskauer Herrscher den Zarentitel an. Seine Reformen (1549-60) von Verwaltung, Rechtswesen (Gesetzbuch 1550), Kirche (Hundertkapitelsynode, 1551) und Armee (Aufstellung der Strelitzen) waren v. a. auf eine Stärkung der Zentralgewalt gerichtet. Seit der Auflösung des »Auserwählten Rates« 1560 leitete er selbst die Regierungsgeschäfte. 1565 schuf er eine ihm direkt unterstellte militärische Truppe (Opritschnina), der er die Verwaltung eines Teiles des Landes überließ und mit deren Hilfe er den alten Adel dezimierte oder umsiedelte. Gleichzeitig stärkte und förderte er den Kleinadel (Dworjane), den er zur eigentlichen staatstragenden Schicht machte. Außenpolitisch entwickelte er gute Beziehungen zu England, insbesondere durch die von ihm geförderte englische Handelsgesellschaft »Muscovy Company« (seit 1553/55). Seine Expansionsbestrebungen waren nach Osten gerichtet: Er eroberte die Khanate Kasan (1552) und Astrachan (1556) und konnte durch den Vorstoß des Kosakenführers Jermak Timofejewitsch nach Sibirien auch dorthin seinen Einfluss ausdehnen; 1571 musste er jedoch die Zerstörung Moskaus durch die Tataren hinnehmen. 1558 fiel er in Livland ein (Livländischer Krieg), um einen Zugang zur Ostsee zu erkämpfen, doch brachte ihn diese erfolglos verlaufene Aktion in Gegensatz zu Polen-Litauen und Schweden. Er erschütterte durch die Opritschnina und den Krieg um Livland die Sozialstruktur und ruinierte die Wirtschaft, womit eine Entwicklung eingeleitet wurde, die bald nach seinem Tod zu einer schweren Krise des Staates führte (Smuta).
 
 
 
A. Kappeler: Ivan Groznyj im Spiegel der ausländ. Druckschriften seiner Zeit (1972);
 E. Donnert: Iwan Grosny »der Schreckliche« (Berlin-Ost 21980);
 R. Neumann-Hoditz: Iwan IV. der Schreckliche (1990);
 R. G. Skrynnikov: Iwan der Schreckliche u. seine Zeit (a. d. Russ., 1992);
 F. Kämpfer: Ivan (IV.) der Schreckliche, in: Die russ. Zaren 1547-1917, hg. v. H.-J. Torke (1995).
 
 5) Iwan VI. Antọnowitsch, Kaiser (1740/41), * Sankt Petersburg 23. 8. 1740, ✝ Festung Schlüsselburg 16. 7. 1764; Sohn des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel und der Großnichte Peters des Großen, Anna Leopoldowna; nomineller Nachfolger der Kaiserin Anna Iwanowna, wurde durch den Staatsstreich (6. 12. 1741) Elisabeth Petrownas abgesetzt und bis zu seinem (gewaltsamen) Tod gefangen gehalten.

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Iwan, der; -s, -s [nach dem russ. m. Vorn. Iwan = Johannes] (ugs. scherzh., oft abwertend): Russe; die Russen: sagt ... in diesem Frontabschnitt kein I. mehr piep (Kirst, 08/15, 600); er kenne den I. (den Russen als gegnerische Macht; die Russen), der nur durch Waffen zu belehren sei (Frisch, Homo 12).

Universal-Lexikon. 2012.

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